Aufzählung oder Spezifizierung?

Aufzählung oder Spezifizierung, das ist hier die Frage.

Bei meiner Arbeit bin ich über diesen Satz gestolpert:

Marianne sah ihren Heinz auf dem Bild mit entspanntem, ebenmäßigen Gesicht.

Auf den ersten Blick fällt der Fehler nicht auf – trotzdem ist er da. Denn richtig muss der Satz so heißen:

Marianne sah ihren Heinz auf dem Bild mit entspanntem, ebenmäßigem Gesicht.

Also: beide Adjektive müssen mit einem M geschrieben werden.

Warum? Weil es sich um eine Aufzählung handelt. Bei einer Aufzählung werden die Adjektive gleich stark gebeugt. Also:

Bei schönem, warmem Sonnenschein ging sie spazieren.

Er starb nach langem, schwerem Leiden.

Anders verhält es sich bei einer Spezifizierung:

Er starb nach langem schweren Leiden.

Hier bilden die Begriffe »schweren« und »Leiden« eine Einheit. Das schwere Leiden ist lang. Bei der erstgenannten Formulierung (Aufzählung) ist das Leiden lang und schwer.

PS: Das anfangs erwähnte Manuskript wurde übrigens bereits von einem Lektor bearbeitet. Für nicht gerade wenig Geld. Fehler dieser Art zu korrigieren, sind Aufgabe eines Lektors. Aber der Lektor hat ihn übersehen. Wie sehr viele Fehler übrigens. Insgesamt habe ich bei diesem 500-Seiten-Manuskript 3.649 (!) Überarbeitungen vorgenommen. Rund ein Drittel davon waren wirkliche Fehler, der »Rest« waren Überarbeitungen und Verbesserungen von Formulierungen. Was normalerweise ebenfalls Sache des Lektors ist.

Ein Korrektor kümmert sich nur um übersehene Grammatik-, Rechtschreib- und Interpunktionsfehler!

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