Augen auf beim Lektorat

Bei der Wahl eines Lektors muss man Glück haben. Am besten vereinbart man vor der Vergabe ein Probelektorat.

Lektorat

Lektoren gibt es wie Sand am Meer. Deshalb mein Tipp: Augen auf bei der Wahl eines Lektors, denn da kann man auch leicht daneben langen.

Schlecht lektorierte Manuskripte hatte ich schon viele auf meinem Schreibtisch bzw. auf dem Bildschirm. Doch ein derart schlampig bearbeitetes Dokument wie vor einigen Monaten habe ich noch nicht erlebt. Auf rund 500 Seiten habe ich fast 4.000 Korrekturen durchgeführt. 3.649 genau gesagt.

korrekturen

Nicht alle davon waren Fehlerkorrekturen, aber ungefähr zwei Drittel. Ich habe durchschnittlich 7 Korrekturen pro Seite durchgeführt. Bei einem bereits lektorierten Manuskript ist das eine unglaubliche Menge!

Lektoriert hat dieses Werk ein professioneller Lektor, der auch für bekannte Verlage arbeitet. Wenn der Mann immer so schlampig arbeitet, dürfte die Freude seiner Auftraggeber an seinen Dienstleistungen deutlich getrübt sein …

Ursprünglich sollte ich das Manuskript nur Korrektur lesen, aber nach wenigen Seiten war mir klar: Ein Korrektorat reicht nicht, denn dabei achte ich nur auf Rechtschreib- Grammatik- und Interpunktionsfehler. In dem Manuskript gab es aber nicht nur Fehler der genannten Art, sondern es wimmelte nur so von Formulierungsfehlern und Ausdrucksfehlern. Genau diese zu finden und zu eliminieren, ist aber Aufgabe eines gewissenhaften Lektors.

So schickte ich meinem Auftraggeber eine E-Mail, in der ich auf Fehlermenge und Fehlerart hinwies. Dabei erfuhr ich dann, dass der Autor sich bereits über die geringe Menge der Korrekturen des Lektors gewundert hatte.

Er hätte ein Probelektorat durchführen und es vor der Vergabe des Lektorats von einem Fachmann (oder einer Fachfrau, von mir zum Beispiel) prüfen lassen sollen.

Weiter unten zeige ich ein paar der Fehler, die übrigens ganz typisch sind für Anfängermanuskripte, und die der Lektor alle hätte finden müssen. Na ja … alle, das ist so ein Begriff … ich übersehe auch Fehler. Das liegt in der Natur des Fehlerteufels, der ein tückischer Bursche ist. Außerdem ist das menschliche Gehirn darauf programmiert, einen Text zu verstehen. Sobald es ihn verstanden hat, sind ihm Fehler relativ wurscht, weshalb Fehler auch so leicht übersehen werden.

Mit den folgenden Screenshots allerdings zeige ich Fehler, die nicht leicht zu übersehen sind und deshalb von dem Profi-Lektor unbedingt hätten korrigiert werden müssen. Aufgrund der Art der Fehler, die er übersehen hat, habe ich nur eine Vermutung: Der Mann hatte keinen Bock, seine Arbeit korrekt durchzuführen. Sein Honorar – rund 9.000 Euro – hat er trotzdem kassiert. Deshalb wiederhole ich meinen Tipp von oben: Augen auf bei der Vergabe eines Lektorats!

So, nun aber zu den Fehlern:

Wortdoppelungen

wortdoppelung-lektorat

Dasselbe Wort innerhalb kurz hintereinander zu verwenden – das sollte ein Autor vermeiden. Außerdem ist das zweite »Kaufhaus« unnötig, denn es geht aus dem Text klar hervor, welche Anstellung gemeint ist.

Wortdoppelung 2

Das Gleiche gilt für Namen. Die in den Screenshot gezeigte Wiederholung der Namen “Marianne” und “Paul” ist völlig überflüssig.

wortdoppelung 3

Verwechslung von hinunter/herunter

Hinunter und herunter – diese Begriffe werden oft verwechselt. Genauso wie hinauf und herauf.

hinunter

Hin bedeutet: von einem anderen Ort zu mir (hin). Also weg von mir.
Her bedeutet: von einem anderen Ort zu mir (her). Also auf mich zu.

Deklination mehrerer attributiver Adjektive

attribute

Zur Deklination attributiver Adjektive habe ich bereits einen Blogartikel geschrieben.

Über eine Deklination von Adjektiven habe ich ebenfalls einen Blogartikel verfasst.

Genitiv statt Plural

herrn

»Herren« ist der Plural von “Herr”. Der Genitiv von Herr hingegen ist »Herrn«.

Das Gleiche ist nicht dasselbe

gleich selbe

Da Gustav sich nicht vom Fleck gerührt hat, stand er nicht an der gleichen, sondern an derselben Stelle.

In Dialogen werden du/dich/dir etc. nicht großgeschrieben

du

Die persönliche Anrede Du, Dich, Dir etc. wird nur in Briefen und E-Mails großgeschrieben. Aus Höflichkeitsgründen.

Großschreibung bei vollständigen Sätzen nach Doppelpunkt

gross nach doppelpunkt

Im gezeigten Absatz habe ich noch das Wort »durchschlängeln« korrigiert. »Durchschlüpfen» fand ich passender. Durch ein Loch in einer Hecke schlängelt man sich nicht, sondern schlüpft. Schlängeln ist ein längerer Vorgang – so wie wenn eine Schlange sich fortbewegt. Daher kommt auch der Begriff schlängeln.

Ortsnamen müssen immer gleich geschrieben werden

ortsname

Ortsnamen müssen in einem Manuskript immer auf dieselbe Weise geschrieben werden. Nicht mal getrennt und mal zusammen.

Falscher Begriff

falscher begriff

»… auf den heutigen Montag gewartet, damit das Kaufhaus wieder öffnen würde.« Der Begriff damit ist in dieser Formulierung fehl am Platz, denn es handelt sich nicht um einen Konditionalsatz (Konditionalsatz: unter welcher Bedingung oder Voraussetzung etwas stattfindet).

Allgemeiner Begriff und spezifizierter Begriff

wurst

Margarete war nicht eine bestimmte Wurst zuwider, sondern Wurst ganz allgemein. Also muss der bestimmte Artikel die gestrichen werden.


Und so weiter und so weiter. Das gesamte Manuskript wimmelte nur so von Fehlern und unkorrekten Formulierungen. Von Rechtschreib- und Grammatikfehlern ganz abgesehen.

Alles in allem hat der Lektoren-Kollege absolut schlampig gearbeitet. Ich habe ihm das per Mail mitgeteilt. Geantwortet hat er nicht …

Ein Manuskript für ein Kinderbuch, das ich für den Buchsatz bekam, war ebenfalls von einem Lektor überarbeitet worden. Auch dieser Kollege hat schlampig gearbeitet. Auf dem Screenshot zeige ich einige der massenweise vorhandenen Fehler.

buchsatz

Fazit: Augen auf bei der Wahl eines Lektors!


Sie haben ein Manuskript, das – sorgfältig – lektoriert werden sollte? Wenn Sie möchten, dass ich einen sachkundigen Blick darauf werfe, melden Sie sich bei mir.

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