Komma bei erweitertem Infinitiv

Unter einem Infinitiv versteht man die Grundform eines Verbs: fahren, gehen, schlafen und so weiter.

Allgemein werden Infinitivgruppen, also Sätze mit Infinitiv, durch Komma geteilt. Beispielsweise bei Sätzen mit dem Wort zu:

Ich freue mich darauf, dich endlich mal wieder zu treffen.


Steht der Infinitiv mit zu allein, also ohne nähere Bestimmung, hat man die Wahl:

“Sie verspricht nach Italien zu fahren.”

“Sie verspricht, nach Italien zu fahren.”

Ich persönlich ziehe die Variante mit Komma vor!


Es wird kein Komma gesetzt, wenn der Infinitiv mit einem übergeordneten Hilfsverb wie sein, haben oder werden ein mehrteiliges Prädikat bildet.

Sie ist nicht leicht zu verwirren.

Er hat entsprechend der Regel zu verfahren.


Sie wird bald nach Australien reisen.


Es wird ebenfalls kein Komma gesetzt, wenn die Infinitivgruppe von den Wörtern brauchen, pflegen oder scheinen abhängig ist.

Sie braucht sich um die Angelegenheit nicht zu kümmern.

Er pflegt täglich mit seinem Hund Gassi zu gehen.

Der Wein scheint nach Kork zu schmecken.


Wird ein Infinitiv mit den Wörtern um, ohne, (an)statt, außer oder als eingeleitet, muss ein Komma stehen.

Um gesund durch den Winter zu kommen, bedarf es viel Vitamin C.

Ohne nachzudenken, riss er das Lenkrad herum.

Anstatt nach Paris zu fahren, fuhr er nach Rom.

Außer zu lernen, sollte man auch Zeit für Entspannung einplanen.

Als es zu regnen begann, machte sie den Schirm auf.


Wird der erweiterte Infinitiv mit einem Substantiv angekündigt, muss ebenfalls ein Komma gesetzt werden:

Der Schüler verfolgt das Ziel, in Deutsch eine bessere Note zu bekommen.

Das Wissen, nicht alles zu wissen, kann sehr hilfreich sein.


Im Zusammenhang mit hinweisenden Wörtern wie es oder hier muss auch ein Komma hin.

Er hasst es, im Regen zu joggen.

Allerdings gibt es auch hier wieder spitzfindige Ausnahmen (meiner Meinung nach). Fällt nämlich die nähere Bestimmung (in diesem Fall der Ort)weg, kann auch das Komma weggelassen werden:

Er hasst es zu joggen.

Da ein Komma der besseren Lesbarkeit bzw. des besseren Verständnisses dient, gefällt mir die Variante mit Komma deutlich besser:

“Er hasst es, zu joggen.”


Infinitivgruppen sind auch dann durch ein Komma vom Rest des Satzes zu trennen, wenn sie vorangestellt sind und anschließend mit einem hinweisenden Wort (z. B. das Wort das) auf sie Bezug genommen wird.

Endlich nach Australien auswandern zu können, das war sein größter Traum.


Einen Abend ohne Streit zu erleben, das wünschte sie sich.


Grundsätzlich gilt: Wenn das Komma bei Infinitivgruppen keine Pflicht ist, darf es trotzdem gesetzt werden, wenn es der besseren Verständlichkeit dient.

Genau das ist mein Motto beim Verfassen von Texten und natürlich auch bei der Lektoratsarbeit. Denn es kommt es nur auf eines an: auf gute und angenehme Lesbarkeit.

5 Kommentare

  1. “Es wird kein Komma gesetzt, wenn der Infinitiv mit einem übergeordneten Hilfsverb wie sein, haben oder werden ein mehrteiliges Prädikat bildet.” Genau wegen solcher Regeln habe ich Deutsch in der Schule gehasst 🙂

  2. Interessante Artikel, besonders dieser! Kann ich gut gebrauchen, um meinen Blog weiter zu verbessern. Dankeschön dafür 🙂

  3. Ich habe Deutsch nie nach Regeln gelernt bzw. kapiert, sondern nur nach Sprachverständnis. Deine Aversion kann ich deshalb sehr gut verstehen. Ohne anschauliche Beispiele würde ich diese Regeln auch heute noch nicht kapieren. Mir tun die Schüler leid, die so einen Mist auswendig lernen müssen. Dass sie diese (schwer verständlichen) Regeln wieder vergessen, liegt in der Natur der Sache …

  4. Beides gehört zusammen: Die abstrakt formulierte REGEL, damit auch klar definiert ist, wie sie sich versteht – aber dann auch das für das praktische Verständnis hilfreiche BEISPIEL:
    verba docent, exempla trahunt.
    Dies genau wurde im Artikel auch beherzigt, und von daher gibt es m.E. nichts zu kritisieren.
    Vielen Dank für die gute Zusammenstellung!

  5. Genau wie Du schreibst: “Ich habe Deutsch nie nach Regeln gelernt bzw. kapiert, sondern nur nach Sprachverständnis.” Genau so geht es mir auch Die ganzen Ausdrücke, die Fälle, und was weiß ich was es da noch gibt, hab ich wohl irgendwie in der Schule Verpasst. Aber ich weiß mich auszudrücken und meine Rechtschreibefehler halten sich in Grenzen, hoffe ich doch jedenfalls.

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