Post vom Zuschussverlag

Beim Überarbeiten dieser Website ist ein Blogbeitrag aus dem Jahr 2018 aufgefallen, dessen Inhalt – leider – nichts an Aktualität verloren hat. Deshalb hole ich ihn aus der Versenkung und setze ihn auf die Blog-Startseite.


Bei Edition Blaes bezahlt der Autor Honorar für:

– Korrektorat

– Lektorat

– Buchdesign

Die Druckkosten bezahlt ebenfalls der Autor – nach Abgabe eines klar definierten Angebots einer von ihm gewählten Druckerei und einer von ihm gewünschten Auflage. Dabei gelten folgende Konditionen:

– Die gesamte Auflage gehört dem Autor.

– Der Erlös aus dem Buchverkauf gehört zu 100 % dem Autor.

– Die Rechte an Buch und eventuellen Bildern verbleiben beim Autor.

– Honorar wird erst NACH erbrachter Leistung berechnet.


So ein faires Konzept ist bei Dienstleistungsverlagen normalerweise nicht üblich. Ein Beispiel für sehr fragwürdige Verlagsverträge zeige ich nachfolgend, denn diese Woche hat mir ein Autor (mal wieder) ein erstaunliches Angebot von einem der “üblichen Verdächtigen” zukommen lassen.

“Druckkostenzuschussverlage” nennt man Dienstleister dieser Art, obwohl sie streng genommen keinen Zuschuss zu den Druckkosten in Rechnung stellen, sondern der Autor die vollen Druckkosten trägt und die Verlage sich für Dienstleistungen bezahlen lassen, deren Qualität und Gegenwert sich in den meisten Fällen nicht verifizieren lassen.

Prinzipiell lassen sich diese Verlage im Voraus bezahlen, und interessant ist dabei auch die Höhe der Kosten, denn sie sind ganz schön happig. So auch in dem aktuellen Fall, denn sie betragen:

13.636,03 Euro

13.636,03 Euro will der Verlag also haben. Ein Batzen Geld. Doch wofür?
Den Versuch einer Antwort gibt ein Blick auf den sogenannten Marketingplan. (Zum Vergrößern aufs jeweilige Bild klicken.)

angebot zuschussverlag
angebot zuschussverlag

Gehen wir mal auf einige der Angebotspunkte ein. Zum Beispiel:

Punkt 25: “Entwicklung weiterer Marketing-Ideen gemeinsam mit Ihnen.”

Das klingt auf den ersten Blick vielversprechend, sagt de facto aber gar nichts aus. Es kann alles heißen. Oder nichts. Genau wie die meisten der anderen Punkte. Bis auf die Präsentation auf den Buchmessen ist alles Wischiwaschi und nicht justiziabel. Wenn der Autor später moniert, dass sein Vertragspartner den einen oder anderen Punkt nicht erfüllt habe, kann er den meist nicht einklagen – weil viel zu schwammig formuliert. Denn was heißt konkret zum Beispiel:

Punkt 19. Verbreitung (unabhängiger) Rezensionen

Nichts! Das ist ebenfalls eine mehr als schwammige Formulierung. Und was – bitte – ist eine “unabhängige” Rezension? Ich habe keine Ahnung!

Punkt 27: Aktive Rechtevermittlung für Hörbuch, Übersetzung, Verfilmung, auch international

Wieder eine völlig schwammige Formulierung. Rechte werden dann vermittelt, falls Interesse an der Nutzung besteht. Von irgendjemandem. Einer Filmgesellschaft z. B. Oder einem Hörbuchverlag. Zeigt niemand Interesse, wird auch nichts vermittelt. Und was ist eine “aktive” Rechtevermittlung? Demzufolge müsste es auch eine “passive” Rechtevermittlung geben. Mir ist dieser Begriff aber unbekannt – obwohl bei zwei meiner Romane Rechte von meinem damaligen Verlag vermittelt wurden, und ich die Verträge gelesen habe.

Alles in allem besteht dieser “Marketingplan” überwiegend aus wohlklingenden, aber inhaltslosen Formulierungen, die dem Autor Qualität und Quantität vorgaukeln sollen.

Konkret hingegen ist der “Vertragsgegenstand”, den wir mal genauer unter die Lupe nehmen.

kosten taschenbuch

Zu 1:
Der Autor hat zwar schon sehr viel Geld bezahlt, nämlich 13.636,03 Euro, bekommt aber pro verkauftem Buch nur 25 %.

Zu 2.:
Die Erstauflage beträgt 3.000 Stück. Das ist eine Menge! Aber diese Menge bekommt nicht der Autor, sondern liegt – vermutlich – beim Verlag. Was der damit macht, steht in den Sternen. Im schlechtesten Fall steht die Zahl 3.000 auch einfach nur da, denn ob die Auflage in dieser Höhe tatsächlich gedruckt wird, steht ebenfalls in den Sternen. Und erfahrungsgemäß hat der Autor nicht das Recht, die Auflage in Augenschein zu nehmen.

Zu 3.:
Der Autor bekommt von der – von ihm bereits teuer bezahlten – Auflage (3.000 Stück) lediglich 20 “Freiexemplare”.

Zu 4.:
Will der Autor weitere Exemplare haben, darf er sie ein zweites Mal bezahlen. Mit einem “großzügigen” Rabatt von 30 %. Worauf der Rabatt sich bezieht, ist auch nicht klar. Ich vermute, auf den Verkaufspreis.
Die Druckkosten

Zu 5.:
“Produktionsvergütung” – was heißt das denn? Unter Produktion versteht man in der Buchbranche normalerweise den Druck. Druckkosten kann man aber erst kalkulieren, wenn man

  • das Buchformat kennt
  • den Buchinhalt kennt (farbig oder s/w)
  • die Seitenzahl kennt
  • die Papierqualität kennt, u. a. Gewicht und Sorte

Von diesen – wichtigen – Informationen kann ich im “Veröffentlichungsangebot” aber nichts entdecken.


Alles in allem frage ich mich, wofür der Verlag den stolzen Betrag von rund 13.000 haben möchte. Denn wofür der Autor diese Menge Geld bezahlt, ist nicht definiert. Zumindest nicht so, dass Otto Normalautor, weiß/versteht, auf welche Gegenleistung er Anspruch hat. Erfahrungsgemäß liegt die weit unter dem bezahlten Betrag. Aber das wird dem Autor meist erst dann klar, wenn es zu spät ist.

Schnäppchen?

Weil Verlage, die solche Verträge schließen, genau wissen, dass es Ärger geben könnte, verlangen sie ihr Geld schon mal im Voraus.
Jeder Autor, der so einen Abzocker-Vertrag unterschreibt (und umgehend eine Rechnung erhält), wird sich früher oder später die Haare raufen und von seinem Anwalt (den er wahrscheinlich konsultieren wird) fragen lassen müssen:

“Warum haben Sie mir diesen Vertrag nicht gezeigt, bevor Sie ihn unterschrieben haben?”

Zum Schluss noch ein Blick auf eine Vertragsseite. Dort steht unter § 4, dass der Verlag die Herstellungskosten (darunter versteht man die Druckkosten) übernimmt. Angesichts der vom Autor zu zahlenden rund 13.000 Euro ist das wirklich großzügig! (Ironie-Modus)

zuschussverlag

Ganz unten (Punkt 3.) sieht man, was der Verlag noch so alles an Leistungen übernimmt. Dabei handelt es sich um: Korrektorat, Buchsatz und Coverdesign.

Das normalerweise übliche Lektorat ist erstaunlicherweise nicht dabei!

Die Rechte am Buch hat der Verlag – für die gesamte Vertragsdauer. Im konkreten Fall: 5 Jahre!

Alles in allem ist dieser Vertrag unseriös. Und jeder Autor, der einen derartigen Vertrag unterschreibt, wird sich später die Haare raufen.

Zum Schluss: Mir ist ein Fall bekannt, wo eine Autorin 25.000 Euro für die angekündigte Veröffentlichung von 3 Büchern hingeblättert hat. Gegenwert: Keiner. Der Anwalt, den sie nach Anraten einer Freundin konsultierte, sagte: “Tut mir leid, in diesem Fall kann ich nichts für Sie machen. Sie haben unterschrieben, und der Vertrag ist rechtsgültig.”

Nachsatz: Die Illustratorin Sandra Viehweg hat auf ihrem Blog ebenfalls einen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht.


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Ein Kommentar

  1. Ich habe neulich einen Bericht gesehen, in dem über genau dieses Thema geesprochen wurde. Und danach habe ich auch meine Abneigung gegen Ebooks verstanden. Es ist nämlich so, dass man bei einem gedrucktem Buch ein völlig anderes Leseerlebnis hat. Man “spürt”, wo man in dem Buch ist, vorn, hinten … Man weiß ungefähr, wo bestimmte Textstellen, die einem besonders gut gefallen haben, stehen. Etc. Und was ich oft mache: Sätze anstreichen. Geht bei einem Ebook auch nicht. Man kann zwar Lesezeichen setzen und auch Anmerkungen schreiben, aber das ist doch was anderes, als Anstreichen.
    Also ich kaufe Ebooks nur bei Fachliteratur, wo es mir lediglich auf Informationen ankommt. Lesen zur Unterhaltung – dafür kommen für mich nur gedruckte Bücher infrage. Das Buch ist meiner Meinung nach noch lange nicht dem Tod geweiht.

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